Wie kultiviertes Fleisch Preisgleichheit mit tierischem Fleisch erreicht

Das Unternehmen Cellular Agriculture strebt an, die Fleischproduktion zu revolutionieren, indem sie im klimatisierten Labor eine wetterunabhängige, nachhaltige Alternative entwickelt – frei von Pestiziden, Antibiotika und ethischen Bedenken. Trotz bisheriger Herausforderungen in Skalierbarkeit und Technologie arbeitet das Unternehmen an innovativen Lösungen für eine zukunftsfähige Fleischherstellung.
7 Februar, 2024 durch
Wie kultiviertes Fleisch Preisgleichheit mit tierischem Fleisch erreicht
GDI Gottlieb Duttweiler Institute

Statt dem Acker mühsam Futter fürs Vieh abzuringen, könnten wir unsere Fleischmahlzeit im klimatisierten Labor heranziehen – wetterunabhängig, ohne den Einsatz von Pestiziden für Futtermittel, ohne Antibiotika fürs Vieh und ohne Diskussionen ums Tierwohl. Doch bislang gab es bei der Skalierbarkeit und den technischen Möglichkeiten erhebliche Hürden. Illtud Dunsford, CEO des britischen Unternehmens «Cellular Agriculture», will das ändern. 

«Cellular Agriculture» hat ein Produktionsverfahren entwickelt, das die Hohlfasermembran-Bioreaktor-Technologie nutzt. Die derzeitige Produktion von kultiviertem Fleisch verwendet überwiegend die Rührkesselreaktor-Technologie , die in der Brauindustrie seit Jahrhunderten üblich ist und in der Lebensmittel- und Biopharmaindustrie seit Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zur Industrialisierung von Fermentationsmethoden eingesetzt wird. Das Verfahren von «Cellular Agriculture» ahmt das Gefässsystem des menschlichen Körpers nach, so dass die Nährstoffe direkt an die Zellen geleitet werden können und die theoretisch höchsten Zelldichten aller Bioreaktorsysteme erreicht werden. Bisher prognostiziert das Unternehmen eine 90-prozentige Verringerung der Treibhausgasemissionen, eine 90-prozentige Verringerung des Flächenverbrauchs und eine 50-prozentige Verringerung des Wasserverbrauchs im Vergleich zur konventionellen Viehzucht.

Aber Illtud Dunsford und sein Team sind nicht daran interessiert, ein teures Verbraucherprodukt auf den Markt zu bringen. Stattdessen spielen sie auf Zeit und entwickeln die zugrundeliegende Technologie, die EntwicklerInnen von im Labor gezüchteten Fleisch letztendlich dringend zur Skalierbarkeit benötigen werden.

«Wir sind keine Lebensmittelhersteller, wir sind Ingenieure. Wir konzentrieren uns darauf, eine Lösung anzubieten, die diese verbrauchernahe Industrie dabei unterstützt, Preisgleichheit mit der traditionellen Fleischproduktion zu erreichen», so Illtud Dunsford im «Advances»-Magazin. «Wir können bereits die Kapitalkosten um 50 % und die Betriebskosten um bis zu 70 % senken. Wenn wir die weiteren Effizienzgewinne durch Recycling und Abfallreduzierung berücksichtigen, prognostizieren wir eine Senkung der Betriebskosten um bis zu 98 %, was letztendlich dazu führen wird, dass kultiviertes Fleisch in den Regalen unserer lokalen Geschäfte Realität wird.»

Neben der Technologieentwicklung hat das Unternehmen Machbarkeitsstudien für die ESA durchgeführt und unterstützt derzeit die Royal Agricultural University bei dem Projekt «Cultured Meat & Farmers». Im Zuge dieses Projekts werden die Folgen für die konventionelle Landwirtschaft beschrieben, sobald kultiviertes Fleisch in grossem Massstab produziert werden kann. Dabei wird untersucht, wie Landwirtschaftsbetriebe auf diese neue Technologie reagieren könnten. Z. B. in Konkurrenz treten, als Zulieferunternehmen fungieren oder sogar selbst zum Produzenten von kultiviertem Fleisch werden. Die Ergebnisse des Projekts sollen politische EntscheidungsträgerInnen und InvestorInnen dabei unterstützen, die vielfältigen Auswirkungen der Technologie auf die Landwirtschaft und die ländlichen Gemeinden besser zu verstehen.

Erfahren Sie mehr über Illtud Dunsford und das Projekt «Cultured Meat & Farmers» an der 4th International Food Innovation Conferen​ce, die am 19. Juni 2024 am Gottlieb Duttweiler Institut stattfinden wird. Wir diskutieren mit VordenkerInnen, Branchen- und Ernährungs-ExpertInnen über das Thema «Culture Clash: Wenn Food Innovation auf Tradition trifft». Wir erklären, welche kulturellen Hürden für Food Innovationen bei der Produktion, der Zubereitung und während des Konsums überwunden werden müssen. Und wir identifizieren kulturelle Chancen – wenn etwa etablierte Gewohnheiten und Rituale einen nachhaltigeren Genuss ermöglichen.

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