«Food Trends Report» – Hackfleisch aus dem Labor

Lange Zeit war Essen ein begrenzter Akt. Der neue «European Food Trends Report» des GDI zeigt: Essen hält Einzug in fast alle Bereiche unseres Lebens. Zwei Trends stechen heraus: Essen bedeutet Gesundheit, und Essen wird zu High-Tech.
25 September, 2017 by
«Food Trends Report» – Hackfleisch aus dem Labor
GDI Gottlieb Duttweiler Institute
 

Dies ist ein Ausschnitt aus der GDI-Studie «European Food Trends Report». Die vollständige Studie können Sie hier bestellen.

Unser Essen ist im Wandel. Die wachsende Bedeutung von Gesundheit und High-Tech beim Essen manifestiert sich besonders deutlich bei der Entwicklung alternativer Proteinquellen. Die bekanntesten Eiweiss-Lieferanten sind tierische Produkte. Tiere verbrauchen jedoch viel Platz und tragen durch die ausgeschiedenen Treibhausgase zur globalen Erwärmung bei. Gleichzeitig lässt der Gesundheits- und Fitness-Trend die Nachfrage nach Porteinen steigen. Die Suche nach Alternativen zum klassischen Steak ist angestossen.

Die kalifornischen Start-ups Impossible Foods und Beyond Meat schaffen mit High-Tech Abhilfe. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, einen perfekten Burger aus 100 Prozent pflanzlichen Zutaten zu kreieren, der dem Fleisch-Original in nichts nachsteht. Vom Aussehen über die Konsistenz, den Geschmack und Duft bis hin zum Zischen auf dem Grill und den austretenden Saft sollen die Pflanzen-Burger nicht von einem «echten» Beef-Burger zu unterscheiden sein.

Neben Zutaten wie Weizen, Kokosnussöl und Kartoffeln enthält der Burger von Impossible Foods das Protein «Häme», in welchem das Geheimnis des Fleischgeschmacks stecken soll. Häme kommt sowohl in jeder pflanzlichen Zelle vor als auch in Hämoglobin, unserem Blutfarbstoff, und Myoglobin, einem Muskelprotein. So erklärt sich der fleischige Geschmack und das «Bluten» der Pflanzen-Burger.

Der Verzehr von Weidebeef lässt sich auch mit In-Vitro-Fleisch reduzieren. Aus tierischen Stammzellen züchtet ein holländisches Forscherteam um den Biochemiker Henk Haagsman im Labor Fleisch. Dabei werden einem Tier – zum Beispiel einem Rind – in einem schmerzfreien Verfahren Zellen entnommen. Die Forscher bringen diese Zellen nun in einer Trägerflüssigkeit dazu, sich zu vermehren. Das entstandene Gewebe wird mit kleinen Elektroschlägen stimuliert. Nur so ist es möglich, Muskelgewebe in gewünschter Härte zu erzeugen.

Bisher lässt sich dieses Laborfleisch nur in dünnen Schichten züchten. Daraus lässt sich zwar eine Art Hackfleisch herstellen, ein Steak dagegen noch nicht. Dazu müsste das Gewebe in einem dreidimensionalen Gerüst wachsen, und die Muskelzellen müssten einer regelmässigen mechanischen Bewegung ausgesetzt werden.

Die Akzeptanz von Laborfleisch in der Gesellschaft ist noch nicht allzu gross, für viele klingt das wohl noch zu sehr nach Science-Fiction. Ohnehin konnten bislang nur wenige Menschen einen In-Vitro-Burger probieren. Als im Jahr 2013 die erste Version live im Fernsehen getestet wurde, kostete diese noch 325’000 US-Dollar. Heute ist das Fleisch für 80 US-Dollar pro Kilo zu haben. Der Weg auf den Massenmarkt scheint sich zu ebnen.

Für zwei Milliarden Menschen und die grosse Mehrheit der Nationen gehören Insekten zum Standard-Repertoire der Ernährung. In Europa sind sie als Nahrungsmittel noch wenig bekannt. In der EU liegt das nicht nur an der fehlenden kulturellen Verankerung, sondern auch an der rechtlichen Grundlage. Das Schweizer Lebensmittelgesetz wurde Ende 2016 angepasst, was nun den Verzehr von Mehlwürmer, Grillen und europäischen Wanderheuschrecken ermöglicht.

Die Aufzucht von Insekten braucht nicht nur weniger Fläche, Wasser und belastet das Klima weniger, man kann auch einen deutlich grösseren Teil des Tieres verwerten. Etwa 80 % eines Insektes sind essbar, von einem Rind nur knapp 40 %. Ausserdem enthalten die kleinen Krabbeltiere viele wertvolle Proteine und ungesättigte Fettsäuren. Die Frage ist: Will die Schweizer Bevölkerung ihr Rinderfilet durch knusprige Heuschrecken, die Grillwurst durch einen Grillenspiess, den Angus-Beef-Burger durch zerstampfte Mehlwürmer ersetzen?

Einen komplett anderen Ansatz bietet das Unternehmen Soylent, deren gleichnamige Nährlösung herkömmliche Lebensmittel ersetzt. Ein Shake, und der Hunger ist gegessen beziehungsweise getrunken. Die Frage nach der richtigen Konsistenz stellt sich gar nicht erst. Diese Form der Ernährung ist am besten als «Astronautennahrung» bekannt. Soylent wurde von Rob Rhinehart kreiert, einem Softwareentwickler, der irgendwann keine Zeit mehr für einkaufen, kochen und essen aufbringen wollte. Er entwickelte ein Pulver, das mit Wasser angerührt eine ganze Mahlzeit ersetzen kann. Im Pulver sollen alle lebenswichtigen Zutaten in der richtigen Zusammensetzung enthalten sein: Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Vitamine, Mineralstoffe – und dies für den Preis von weniger als zehn Dollar pro Tag.

High-Tech erobert die Food-Welt. Gleichzeitig wird die Gesundheit immer wichtiger. Neue Produkte müssen die Balance zwischen innovativen Technologien und unserer Vitalität finden. Denn über ihr Erfolg entscheidet schliesslich nicht nur unser Hirn, sondern ebenso unser Bauch.

 

Die vollständige Studie können Sie hier bestellen.

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