GDI: Herr Blättler, die Generation Z der heute 15- bis 25-Jährigen isst und trinkt seit ebenso langer Zeit – und wird das noch einige Jahrzehnte weiter tun. Warum sollte sie gerade jetzt für die Food-Branche besonders interessant sein?
Yannick Blättler: Aus unseren Beobachtungen lassen sich drei spannende Einflüsse beobachten: Diese Generation ist mit dem Diskurs über vegetarische, vegane, nachhaltige oder natürliche Ernährung aufgewachsen. Sie sind natürlich nicht alle «vegan», wie man gerne am Stammtisch spottet, aber sie haben diese Diskussionen seit klein auf mitverfolgen können. Zweitens ist der Einfluss von Social Media nicht zu unterschätzen. Viele Eltern erzählen uns, wie plötzlich Wünsche über die Ernährung aufkommen, welche die Jungen auf Instagram oder TikTok gesehen haben. Dieser Effekt geht auch in die andere Richtung: Sie haben eine enorme Macht, schnell Informationen oder Empfehlungen über Social Media zu verbreiten. Drittens ist es eine Zukunftsfrage: es ist die Generation, welche am längsten als Konsumentinnen und Konsumenten im Markt sein wird und dadurch müssen wir uns heute schon überlegen, was die Trends von morgen sind, um diese zu begeistern.
Das bringt uns zum alten Henne-Ei-Problem: Zwingt die Generation Z durch ihr Konsumverhalten die Unternehmen zu Innovationen? Oder gelingt es den Unternehmen umgekehrt, durch Innovationen und geschicktes Marketing das Verhalten der jungen Konsumenten zu beeinflussen?
Die Food-Branche war immer schon reaktiv unterwegs. Es gibt immer die Innovationstreiber, aber der Hauptmarkt ist Follower auf die allgemeinen Trends. Wir sehen schon, dass die Gen Z starke Forderungen nach innovativen, gesunden und nachhaltigen Produkten hat. Die Informationsmenge und die Schnelligkeit und deren Verfügbarkeit ist natürlich enorm. Wie in der vorherigen Frage erwähnt, würde ich klar die These aufstellen, dass durch Social Media die Einflüsse bezüglich Ernährung innerhalb der Generation Z viel stärker waren als durch geschicktes Marketing der Unternehmen. Deshalb empfehlen wir den Unternehmen stark: Ihr müsst nicht nur auf Social Media posten, sondern vor allem ein starkes digitales Ohr entwickeln, um gutes «Social Listening» zu betreiben und diese Trends früh zu erkennen.
Was haben Zoomer, das ihre Eltern oder älteren Geschwister nicht haben? Und was haben sie, das ihre Kinder oder jüngeren Geschwister nicht haben werden?
Die Gen Z ist per se nicht ein komplett neuer Schlag Mensch, sondern sie erleben einen sehr interessanten Kontext, in welchem sie aufwachsen dürfen. Der Wohlstand in der Schweiz ist hoch, die Technologie ist stark entwickelt und für sie selbstverständlich und viele innovative Produkte, welche eine Vielzahl von individuellen Bedürfnissen abdecken, sind heute verfügbar. Dieses selbstverständliche Mindset definiert die Gen Z sicher. Auch wenn es auf der Hand liegt: der Einfluss von Social Media ist auf die Gen Z sicher so stark wie in keiner anderen Generation. Auch bei der Gen Alpha noch nicht, da diese meistens noch nicht auf Social Media sein dürfen.
Ändern Gen Z'ler durch ihre Dynamik auch die Foodkultur anderer Generationen? Oder behalten sie ihre kulinarischen Hotspots lieber für sich?
Ich denke schon, dass wir diese Richtung der Beeinflussung beobachten. Um andere Leute zu beeinflussen, müssen wir inspirieren. Durch das selbstverständliche schnelle Produzieren und Teilen von Inhalten im Restaurant, in der Küche, Zuhause oder beim Konsum von Produkten wird viel Content auch an ältere Generationen ausgespielt.
Spannend ist auch zu beobachten, dass die junge Generation nach wie vor als Zielbild bezüglich Körper, Gesundheit, Ästhetik und Sport funktioniert. Das ist nichts Neues, sondern ist einfach immer noch so.
Und wie sieht das bei Ihnen persönlich aus? Gibt es Speisen, Getränke oder Rezepte, die Ihre Eltern von Ihnen übernommen haben? Wenn ja, welche und wie kam das?
Meine Mutter ist halb Holländerin, halb Indonesierin. Natürlich gibt es bei mir keine Woche ohne Reis aus dem Reiskocher! Meine Freundin Annina dachte am Anfang der Beziehung, ich mache einen Witz, als ich meinte, dass ich jeden Tag Basmati Reis essen könnte. Die indonesische Küche war deshalb sicherlich eine starke Inspiration.
Ansonsten fand ich es super, dass ich schon früh mit meinem Vater in der Küche stehen durfte und so das Basishandwerk schnell erlernt habe und heute enorm gerne selber koche. Das ist nicht nur gesund und unterhaltsam, sondern es hilft mir im doch oft hektischen Unternehmerleben einfach mal runterzufahren.
Yannick Blättler ist Referent an der International Food Innovation Conference, die am 19. Juni 2024 am Gottlieb Duttweiler Institut stattfindet. Er wird über Gen Z sprechen und wie diese die Esskultur verändern wird. Jetzt anmelden!