Tierische Proteine müssen nicht komplett aus unserem Speiseplan verschwinden, um ein nachhaltiges Ernährungssystem zu gewährleisten. Es wird auch weiterhin Wildbestände geben, die reguliert werden müssen, und Flächen, die sich nur mit Tieren sinnvoll bewirtschaften lassen – wenn sie denn überhaupt bewirtschaftet werden müssen.
Doch selbst wenn wir uns 2050 nicht völlig tierfrei ernähren sollten, ändert dies nichts an der Tatsache, dass das heutige Ernährungssystem und unsere Konsumgewohnheiten nicht länger tragbar sind. Dass wir aus der ressourcenintensiven konventionellen Tierproduktion aussteigen und auf alternative Proteinquellen setzen müssen, ist daher unbestritten. Offen ist heute jedoch die Frage des Wann und Wie.
Hier lohnt es sich nachzudenken. Denn wer sich rechtzeitig mit den Entwicklungen im Markt auseinandersetzt, wird nicht von der Zukunft überrascht und kann bei Bedarf die Veränderung mitgestalten, anstatt bloss auf gemachten Wegen mitzuziehen. Was also bedeutet eine mehrheitlich tierfreie Ernährung für die verschiedenen Bereiche des Ernährungssystems? Wo finden die grössten Veränderungen statt?
Am meisten Bewegung wird im «Backend» des Ernährungssystems stattfinden. In der Produktion und in der Verarbeitung etwa entstehen völlig neue Wertschöpfungsnetzwerke. Denn Mikroben, Zellkulturen und pflanzliche Proteine ersetzen die Nutztiere von heute. Neue Technologien und Maschinen kommen zum Einsatz, um die alternativen Proteine zu produzieren und zu verarbeiten.
Auch bei Logistik und Distribution sowie im Recycling wird es zu Veränderungen kommen, weil viele der neuen Produkte vorportioniert und abgepackt sind. Auch gibt es keine Tiertransporte mehr, dafür mehr und teilweise neue Verpackungsformen und -materialien. Insgesamt werden die Veränderungen hier jedoch nicht ganz so tiefgreifend sein: Es geht weiterhin darum, Güter zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung zu stellen und Kreisläufe zu schliessen.
Im «Frontend» des Ernährungssystems, also bei HändlerInnen, GastronomInnen und KonsumentInnen, dürfte sich am wenigsten ändern. Die Offentheken für Fisch und Fleisch werden zwar mehrheitlich wegfallen. Ansonsten aber werden auf absehbare Zeit weiterhin dieselben Produktkategorien verkauft und gegessen, also Fleisch, Wurst, Fisch, Käse, Milch, Joghurt oder Eier. Bloss werden diese Produkte mit neuen Methoden und aus anderen Rohstoffen hergestellt. Diese Entwicklung ist im Milchregal bereits heute sehr gut sichtbar. Dort stehen Bio-Kuhmilch, Magermilch und laktosefreie Milch neben Soja-, Hafer-, Mandel- oder Kokos-Getränken. «Original» und «Substitut» sind sich zudem so ähnlich, dass sie sich auf den ersten Blick nur mit Mühe unterscheiden lassen.
Diese Entwicklung wird auch bei Fleisch und Fisch stattfinden. Heute befinden sich die pflanzlichen «Fleischprodukte» meist noch in der Nähe von Tofu, Seitan und Tempeh. Doch spätestens wenn einmal kultiviertes Fleisch im Regal liegt, werden die Grenzen zwischen konventionellen und alternativen Proteinen noch mehr verschwimmen, und die Unterscheidung wird immer schwieriger.
Welche Proteinalternative wird sich am Ende durchsetzen? Welche Industrie kommt als Gewinnerin im Kampf um Marktanteile, KonsumentInnenakzeptanz, InvestorInnengelder und Regalflächen im Supermarkt hervor? Erfahren Sie mehr dazu in der kostenfreien GDI-Übersicht «Die Proteinwende: Wege zu einer tierfreien Ernährung». Jetzt herunterladen!