Frau Casey, am GDI-Trendtag werden sie zeigen, wie man menschliches Verhalten mithilfe der Datenanalyse verändert. Helfen Sie uns: Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Indem wir Unmengen von Daten in Echtzeit sammeln, sie analysieren und visualisieren, können wir das Individuum auf drei Arten wahrnehmen: sozial, relational personal. Big Data hilft uns, Verhaltensweisen zu antizipieren, die oft unerwartet, ja konterintuitiv sind. Die Datenanalyse verwandelt unsere Intuition in Einsichten. Diese Einsichten sind die Basis, auf der wir Verhalten re-designen.
Verbessern wir unsere Gesellschaft, wenn wir unser Verhalten besser messen und verstehen können?
Ich glaube, wir befinden uns in einer Phase sozial bewusster Innovation, die der globalen Bürgerschaft stark zugutekommen wird. Unser Wachstum reflektiert strukturelle Reformen, nicht nur Trendzyklen. Einsichten ins menschliche Verhalten, wie sie Big Data erlauben, ermächtigen Unternehmer und Regierungen bessere Produkte, Dienstleistungen und Strategien zu entwickeln. Die wichtigsten darunter werden Erfindungen im Gesundheitswesen sein. Früher hatten wir Wirtschaftswachstum, aber bald erreichen wir grössere individuelle Freiheiten durch bessere Selbstkenntnis.
Der deutsche Trendforscher Norbert Bolz nennt Big Data ein «Paradise des Marketing». Gewinnen eigentlich auch die Konsumenten?
Ich glaube an Kranzbergs erstes Gesetz: «Technologie ist weder gut, schlecht, noch ist sie neutral.» Es liegt an uns, wie wir mit ihr umgehen. Bolz’ Aussage stimmt auf zwei unterschiedlichen Ebenen: Erstens erlauben Daten dem Marketing, die richtigen Produkte den richtigen Konsumenten zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu liefern: chirurgische Präzision. Zweitens kann Big Data dem Marketing aber auch eine vermeintliche Berechtigung liefern, unethische Dinge in Bezug auf die Privatsphäre der Kunden zu unternehmen. Der Artikel «How Companies Learn Your Secrets» aus der New York Times illustriert das bestens.
Die Öffentlichkeit schwankt zwischen der Wahrnehmung von Big Data als utopischer Traum der personalisierten Güter einerseits und Big-Brother-Dystopie andererseits. Wir bekommen kostenlos Produkte und reklamieren immer noch, dass unsere privaten Daten gesammelt werden. Ich entgegne dem: Wer nicht zahlt, ist auch kein Kunde.
Nachdem Sie den Designers Accord gegründet haben, ein Nachhaltigkeitsprojekt für die Kreativindustrie, nannte Sie das «Time Magazine» eine «Heldin der Umwelt». Würden die das heute immer noch tun?
Ich fühle mich geehrt durch «Time». Aber ich finde, Kategorien wie «Heldin» sind heute nicht mehr so nützlich. Wir brauchen weniger individuelle Helden als vielmehr eine Stimulation des Netzwerk-Effektes, um den Wert dieser Netzwerke für alle zu erhöhen. In diesem Sinne sehe ich mich eher als «Enabler». Oder als Brandstifterin!
Heute stehen Sie ihrer eigenen Beratungsfirma «Necessary Projects» vor. Was ist für Sie das Entscheidungskriterium, um ein Projekt anzunehmen?
Früher verteufelte ich grosse Sektoren wie Food, Pharma oder Öl. Inzwischen habe ich realisiert, dass diese enormen, oftmals verkalkten Industrien den grössten Einfluss auf den globalen Fussabdruck haben - und deshalb am meisten Veränderung und politischen Wandel auslösen können. Ich arbeite immer noch mit Startups, um neue Ideen zu zünden. Aber ich bin eine Verfechterin der Idee, Veränderung im Grossen auszulösen. Das kann nur die Industrie.
Was hören unsere Teilnehmenden von Ihnen, das sie nicht auch anderswo erfahren?
Ich werde mich auf drei Themen konzentrieren:
1. Es gibt keine smarten Daten, nur smarte Menschen: Wir müssen, Hightouch- mit Hightech-Methoden wie Big Data verbinden. Wie erkennen wir das Signal im Lärm, wie machen wir aus Daten Einsichten?
2. Daten lügen nicht, Menschen schon: Menschen machen, dass Geschichten Daten produzieren, anstatt Daten Geschichten erzählen zu lassen. Wie erkennen wir, was wahr, wichtig und nützlich ist?
3. Verhalten und Daten über Verhalten sind nicht dasselbe: Messungen und Analysen sind nicht dasselbe wie Veränderung, und Outputs entsprechen nicht unbedingt den Folgen. Wie können wir Einfluss messen, und nicht nur Zahlen?