Viel Potenzial, wenig Begeisterung

Autonome Läden stossen auf gemischte Reaktionen: Während in Deutschland die Akzeptanz höher ist, bleibt sie in der Schweiz und Österreich verhalten. Besonders jüngere Generationen schätzen es, zu jeder Zeit einkaufen zu können, doch insgesamt fehlt es an breiter Zustimmung für das Konzept. Dies zeigt eine erste Teilauswertung unserer bevorstehenden GDI-Studie über KI im Handel.
27 August, 2024 durch
GDI Gottlieb Duttweiler Institute, Nathalie Huber
 

In autonomen Läden können Kundinnen und Kunden rund um die Uhr einkaufen, ohne auf Personal angewiesen zu sein. Das verspricht maximale Flexibilität für die Kunden und geringere Betriebskosten für die Händler – eine scheinbar perfekte Win-Win-Situation. Doch die Meinungen über dieses Konzept sind geteilt. Befürworter sehen in autonomen Läden eine zeitgemässe Antwort auf die Bedürfnisse der modernen Gesellschaft, die flexible Einkaufsmöglichkeiten schätzt. Kritiker hingegen warnen vor den Risiken: Eine Bedrohung für den traditionellen Einzelhandel, den Verlust von Arbeitsplätzen und eine schleichende Erosion sozialer Normen wie der Sonntagsruhe.

Rechtliche Grauzone

Die rechtliche Situation für autonome Läden ist derzeit unklar. In der Schweiz gibt es nur wenige dieser Läden; die gesetzlichen Regelungen variieren je nach Kanton und Art des Geschäfts und häufig sind sie an die regulären Öffnungszeiten gebunden. Bis klare gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, bleibt die Lage für die Betreiber unsicher. Ein Beispiel ist der 2023 eröffnete Einkaufscontainer am Pilatusplatz in Luzern. Obwohl er als Testlabor für neue Verkaufsansätze konzipiert ist und theoretisch als Laden ohne Verkaufspersonal rund um die Uhr zugänglich sein könnte, muss er sich an die vorgeschriebenen Ladenöffnungszeiten halten.

Auch in Deutschland gibt es rechtliche Hürden. Die Migros-Zürich-Tochter Tegut experimentierte mit personalfreien Minimärkten, den sogenannten Teo-Automaten. Anfang dieses Jahres entschied jedoch ein hessisches Gericht, dass auch diese Automaten an Sonn- und Feiertagen geschlossen bleiben müssen, da sie gegen das Ladenöffnungsgesetz verstossen.

Überraschende Kundenmeinungen 

Wie wichtig ist es den Kundinnen und Kunden, jederzeit in autonomen Läden einkaufen zu können? Und sollen sich diese Geschäfte an dieselben Regeln halten wie herkömmliche Geschäfte? Diese Fragen haben wir im Rahmen unserer kommenden GDI-Studie über KI im Handel rund 3000 Personen im DACH-Raum gestellt. Erste Teilauswertungen liefern überraschende Ergebnisse.

Mehrheit akzeptiert reguläre Öffnungszeiten

70 Prozent der Befragten befürworten zumindest teilweise, dass autonome Läden denselben Öffnungszeiten unterliegen wie herkömmliche Geschäfte. Nur 30 Prozent halten die aktuellen Regelungen für überholt. Insgesamt ist die Akzeptanz für autonomes Einkaufen eher verhalten: Lediglich ein Drittel (36 %) der Befragten begrüsst die Möglichkeit, rund um die Uhr autonom einzukaufen. Diese Präferenz variiert jedoch stark je nach Land, Alter und Geschlecht.

Deutschland zeigt mehr O​ffenheit 

In Deutschland begrüssen 40 % der Befragten die Möglichkeit, jederzeit in autonomen Läden einzukaufen. In der Schweiz und in Österreich ist dieser Wunsch mit 35 % bzw. 33 % deutlich geringer.

«Die markanten Unterschiede zwischen den Ländern haben uns sehr überrascht», kommentiert Johannes Bauer, Studienleiter und Head of Think Tank GDI. «Die Offenheit gegenüber autonomen Läden ist in Deutschland um ein Fünftel höher als in der Schweiz. Wir werden weiter analysieren, welche Faktoren diesen Unterschied begründen. Ein möglicher Grund könnte sein, dass das Verkaufspersonal in der Schweiz einen höheren Stellenwert geniesst.»

Generation Z dominiert

Die höchste Bereitschaft zum autonomen Einkaufen zeigt die Generation Z (16- bis 24-Jährige) mit 49 %, gefolgt von den 25- bis 39-Jährigen mit 42 %. Bei den 40- bis 54-Jährigen liegt sie bei 37 %, während sie bei den 55- bis 64-Jährigen und den 65- bis 75-Jährigen deutlich niedriger ist (27 % bzw. 22 %). Männer zeigen mit 40 % eine grössere Vorliebe für zeitunabhängiges Einkaufen als Frauen mit 32 %.

«Diese ausgeprägten Altersunterschiede stimmen mit den Ergebnissen unserer Studie Ausgebummelt – Wege des Handels aus der Spass- und Sinnkrise überein», erklärt Gianluca Scheidegger, Ko-Autor der Studie und Senior Researcher am GDI. Besonders die jüngere Generation empfinde häufig Zeitstress, was die Präferenz für schnelles und zeitunabhängiges Einkaufen beeinflusse – vor allem bei den 25- bis 39-Jährigen, die stark durch Karriere- und Familienverpflichtungen beansprucht seien. «Die insgesamt geringe Akzeptanz dieses neuen Einkaufskonzepts hat uns jedoch überrascht.»

Exklusive Vor-Veröffentlichung an der GDI-Handelstagung

Die detaillierte Auswertung unserer Befragung sowie weitere Insights aus der Studie über künstliche Intelligenz im Handel, die Anfang 2025 veröffentlicht wird, präsentieren wir Ihnen exklusiv am 12. September anlässlich der 74. Internationalen Handelstagung.

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