Die Ziele sind hoch gesteckt. Das gemeinnützige Earth Species Project (ESP) will eine Software entwickeln, die Sprachen im gesamten Tierreich verstehen hilft, artenunabhängig vom Wurm bis zum Wal. Die Ziele sind gar noch höher gesteckt. ESP-Mitgründer Aza Raskin, der im kommenden Frühling am Trendtag des GDI sprechen wird, sagte gegenüber dem «Magazin» vor einer Weile: «Das Earth Species Project soll die menschliche Kultur verändern – schnell. Wir haben keine Zeit mehr. Earth Species soll ein Beschleuniger sein für jede Naturschutz-, Klima- und Umweltangelegenheit.» Und weiter: «Ich stelle mir das Ergebnis so vor, dass die Definition von “Persönlichkeit” gerichtlich ausgeweitet wird auf nichtmenschliche Arten, dass Zoos verboten werden, dass Schiffe in der Lage sind, Wale sanft über ihre Anwesenheit zu informieren.»
Raskin und das Earth Species Project sind nicht die einzigen, die die Kommunikation von Tieren untersuchen. Forscherinnen rund um die Welt nutzen modernste Technologien, um Gespräche von Tieren zu belauschen, und Künstliche Intelligenz, um Muster im Bellen, Zwitschern, Räuspern, Brummen, Zischen usw. zu finden. Im Vordergrund stehen soziale Tiere, wie Wale, Delfine und Bienen, wo die Wahrscheinlichkeit einer reichhaltigen, symbolischen Kommunikation höher ist.
Zum Beispiel hat ein europäisches ForscherInnen-Team untersucht, was das Grunzen und Quietschen von Schweinen über deren Gefühlszustand aussagt. Das Nonprofit-Projekt CETI (Cetacean Translation Initiative) wiederum analysiert die Sprache von Pottwalen und die Forscherin Alison Barker am Max Delbrück Center in Berlin die von Nacktmullen. Gleich zwei neue Bücher verschaffen einen Überblick über aufsehenerregende Experimente und aktuelle Erkenntnisse, nämlich «The Sounds of Life» der kanadischen Professorin Karen Bakker und «Die erstaunlichen Sinne der Tiere» des britischen Pulitzer-Preis-Träger Ed Yong.
Die Zahl der Forschungsarbeiten, die zu diesem Thema durchgeführt werden, wächst derzeit schnell, und die Ergebnisse sind vielversprechend und weitreichend. Trotzdem werden wir auf ein Google Translate für Vögel, Hunde oder Katzen wohl noch eine Weile warten müssen. Was aber wird geschehen, wenn neue Technologien, die uns heute oft von der Natur ablenken, uns stattdessen näher mit ihr verbinden? Werden wir noch Tiere essen, wenn wir direkt mit ihnen reden können?
Mehr dazu erfahren Sie am 19. Europäischen Trendtag. Unter dem Thema Biophilia: When Nature Becomes the New Tech zeigen ExpertInnen am 8. März 2023 am Gottlieb Duttweiler Institut, wie sich das Verständnis von Natur und die Beziehung zu ihr verändern. Wir präsentieren neue Erkenntnisse aus der Forschung und die spannendsten Startups. Jetzt anmelden!