So geht Convenience: Lokal und digital

Ob Kiosk oder Lieferdienst – die Nähe zur Kundschaft ist der Erfolgsfaktor. Wir haben bei Michael Mueller, CEO von Valora und Daniel Calvert, Chief Growth Officer bei Snappy Shopper nachgefragt, was es für erfolgreiche Convenience-Angebote braucht.
23 Juni, 2025 durch
So geht Convenience: Lokal und digital
GDI Gottlieb Duttweiler Institute

Lebensmittellieferung von regionalen Geschäften oder frisches Essen vor Ort zum Mitnehmen – Snappy Shopper aus Grossbritannien und Valora bieten beide maximale Convenience für ihre Kundschaft. Und das erreichen sie durch Nähe. Snappy Shopper durch schlanke und reibungslose Customer Journeys: die Produkte werden bequem über die Plattform bestellt und direkt vor die Haustüre geliefert. Und das von regionalen Geschäften. Valora ist dort, wo die Kundschaft ist: An Bahnhöfen, Tankstellen und der Innenstadt bietet sie mit verschiedenen Verkaufsformaten frische Produkte für unterwegs an.

Wie stellt Valora im hektischen Alltag die Nähe zur Kundschaft sicher?

Michael Mueller: Valora ist da, wo Menschen unterwegs sind – an Bahnhöfen, Pendler-Hotspots, in Innenstädten oder an Tankstellen. Diese Nähe ist Teil unseres Geschäfts: Wir sind da, wenn unsere Kundinnen und Kunden schnell und effizient einkaufen möchten und auf Verlässlichkeit zählen. Unser Sortiment ist gezielt auf die Bedürfnisse mobiler Menschen abgestimmt – nah, praktisch und frisch. Diese Kombination aus Präsenz und Relevanz schafft echte Verbundenheit.

Wie stärkt Snappy Shopper die digitalen Beziehungen zu Ihren Kundinnen und Kunden?

Dan Calvert: «Beziehung» bezeichnet per Definition eine Verbindung zwischen Menschen, die gekennzeichnet ist durch Verbundenheit, gemeinsame Merkmale oder Erfahrungen. Daher sollte meiner Meinung nach die Stärkung der Kundenbeziehungen – digital oder mittels verschiedener Technologien – mit einer bereits bestehenden oder gleichwertigen Beziehung «im wirklichen Leben» vergleichbar sein. Um dies zu erreichen, sehe ich unsere Rolle als Technologiepartner der Detailhändler in der Bereitstellung von Tools und in der Beratung. Denn wir wissen, dass die Kundenbeziehung «im wirklichen Leben» meist primär mit dem Detailhändler und nicht mit dem Markt als solchem besteht.

Es geht daher oft darum, Technologien einzusetzen, die durch ihren Nutzen einen Mehrwert schaffen, wie zum Beispiel die Heimlieferung. Gleichzeitig wird das, was in der Beziehung bereits vorhanden und von Natur aus gut ist, beibehalten oder gar verstärkt. Oft befürchte ich, dass Technologie statt Verbindungen zu schaffen, eher Barrieren errichten könnte. So wird aus einer Beziehung eine Transaktion. Lokale Spezialitäten werden entemotionalisiert, die Gesichter im Detailhandel sind in der Community nicht mehr bekannt, und man versucht, digitale Nähe zu schaffen, um emotionale Nähe zu ersetzen.

Die Lösung? Im Bereich der Heimlieferung gibt es Beispiele dafür, dass lokale Produkte bevorzugt werden, die Persönlichkeit bei der Gestaltung der Benutzeroberfläche oder beim digitalen Marketing sichtbar wird, der direkte Kontakt per Telefon oder Chat gefördert wird und Online-Communities über soziale Medien genutzt werden. Am Anfang steht jedoch das Mindset oder die Philosophie und nicht nur eine Liste mit Lösungen.

Über welche Mehrwerte baut Valora die Kundenloyalität auf? 

Michael Mueller: Kundenloyalität ist im To-Go-Geschäft ein zentraler Erfolgsfaktor. Die Frequenz ist hoch, die Entscheidungszeit kurz – umso wichtiger ist es, dass wir mit klaren Mehrwerten Vertrauen und Wiedererkennung schaffen. Einen besonderen Fokus haben wir dabei auf eine kompromisslose Frische und Qualität bei unseren Food to-go Angeboten. Dieses ergänzen wir durch einfache und schnelle digitale Prozesse beim Einkauf – von der Auswahl bis zur Bezahlung.

Michael Mueller ist seit 2014 CEO der Valora Gruppe und hat das Unternehmen seither erfolgreich als führende Foodvenience-Anbieterin in Europa etabliert. Zudem verantwortet er die europäische Retaileinheit von FEMSA, einem international tätigen Handelskonzern mit Hauptsitz in Mexiko. Mueller hat einen Master in Law (lic. iur. HSG) von der Universität St. Gallen.

Welche Rolle spielen lokale Geschäfte für die Kundschaft von Snappy Shoppers?

Dan Calvert: Snappy Shopper verspricht zweierlei: die Lieferung in 30 bis 60 Minuten und vom lokalen Geschäft bis zur Haustür. Deshalb ist das Regionale für uns zentral. Bei Snappy Shopper finden die meisten Lieferungen in einem Umkreis von zwei bis drei Kilometern statt, und wir arbeiten nur mit Geschäften zusammen, die auch physisch mit einem Laden präsent sind. Diese Grundsätze schaffen Vertrauen durch Bekanntheit und den Wegfall der Anonymität von Dark Stores. Wir fördern dies durch Grundsätze und Entscheidungen wie den Fokus auf lokale Produkte, die Preisanpassung in den Geschäften, durch transparente Gebühren und eine für Detailhändler nachhaltige Kostenstruktur. Wir streben eine führende Rolle bei der Veränderung und der Einführung von Technologien durch die Konsumenten und die Detailhändler an, denn wir sind überzeugt, dass dies nur durch Werte und Entscheidungen erreicht werden kann, die Vertrauen schaffen und fördern.

Daniel Calvert

Daniel Calvert ist Chief Growth Officer bei Snappy Shopper. Das schottische Unternehmen verbindet lokale Händler mit ihren Kund*innen durch eine digitale Bestellplattform und Heimlieferung. Erfahrung für schnelle Convenience-Lösungen bringt Daniel Calvert durch diverse Positionen bei globalen Tech-Unternehmen wie Google und Uber Eats mit.

Was sind derzeit die grössten Herausforderungen in der Branche und wie begegnen Sie diesen?

Michael Mueller: Kundinnen und Kunden erwarten heute mehr denn je Frische, Qualität und Nachhaltigkeit – kombiniert mit Nähe und Bequemlichkeit. Gleichzeitig steigen die Kosten, insbesondere durch höhere Mieten und Löhne, was die Erzielung gewinnbringender Margen noch stärker in den Fokus rückt. Dieser Herausforderung begegnen wir mit unserer Foodvenience-Strategie – dem gezielten Ausbau unseres Angebots an frischem Food to-go in unseren Convenience Formaten. Dabei ist es von grossem Vorteil, dass wir mit unseren unterschiedlichen Retail- und Food Service-Formaten über umfassende Expertise und Erfahrung verfügen. Diese Kombination befähigt uns, kundennahe und innovative Konzepte zu entwickeln und schnell auf den Markt zu bringen. 

Daniel Calvert: Für Snappy Shopper ist die Auswahl der richtigen Detailhändler zur richtigen Zeit die grösste Herausforderung. Wir sind ein verwalteter Marktplatz. Das bedeutet, dass wir eine aktive Rolle einnehmen bei der Evaluation und der Definition hoher Standards für Detailhändler, die sich uns anschliessen möchten. In einer Welt, in der Zeit und Ressourcen begrenzt sind, geben wir denjenigen den Vorzug, die unsere Überzeugungen teilen, in ihrer Community ein hohes Ansehen geniessen, die Anforderungen der Kundschaft erfüllen wollen und bereit sind, neue Technologien einzuführen – und so das Vertrauen in einem von Konkurrenzdruck beherrschten Markt zu erhalten. Es ist alles andere als einfach, diejenigen abzuweisen, von denen wir glauben, dass sie noch nicht bereit sind. Dies kann sich aus einer geschäftlichen Perspektive kontraintuitiv anfühlen, insbesondere in einer Branche mit grossem Wettbewerbsdruck. Wir tun dies jedoch mit den besten Absichten. Denn wir glauben, dass nur das richtige Geschäft zur richtigen Zeit den gewünschten Erfolg auf dem Markt bringen kann. Erfreulicherweise sehen wir das in unseren Daten, und damit wachsen auch der Glaube und unsere Überzeugung bezüglich unserer Werte und unseres Geschäftsmodells. Denjenigen, die noch nicht so weit sind, bieten wir Schulungen an oder wir erweitern unser Dienstleistungsangebot, um eine wachsende Zahl von Einzelhändlern auf den Einsatz der Q-commerce-Technologie vorzubereiten.

Fortsetzung folgt – live am GDI

Wie lassen sich digitale Nähe und lokale Verbundenheit künftig noch enger verzahnen? Welche Rolle spielt Vertrauen im Zeitalter von Q-Commerce? Michael Mueller und Daniel Calvert werden diese Fragen vertiefen – als Referierende an der Internationalen Handelstagung des GDI in Rüschlikon. Unter dem Titel «Nearconomy: Trust Beyond Transactions» diskutieren wir gemeinsam mit weiteren Vordenkerinnen und Praktiker, wie Handelsunternehmen physisch, digital und emotional näher an ihre Kundschaft rücken – und so Vertrauen jenseits von Transaktionen schaffen.

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