Martina Graf/LID: Woran arbeiten Sie aktuell am GDI?
Christine Schäfer: Aktuell arbeite ich an einer neuen Studie zum Thema Esskultur. Wie diese uns beeinflusst, wie sie unser Konsumverhalten beeinflusst, und ob sie im Thema Nachhaltigkeit Hürde oder Hilfe sein kann. Das ist auch das Thema der nächsten International Food Innovation Conference, die wir im Juni am GDI haben werden. Wir versuchen, das gesamte Ernährungssystem zu betrachten und eine globale Perspektive einzunehmen, sind uns aber auch unserer eurozentrischen Sichtweise bewusst. Unsere Kernthemen sind der Handel und der Konsum. Wir beziehen aber auch die Produktion, die Verarbeitung, die Industrie, den Vertrieb und die Gastronomie in unsere Analysen ein. Unsere Forschung findet eher aus einer theoretisch-analytischen Perspektive statt. Wir haben kein Labor, in dem wir an alternativen Proteinen tüfteln. Wir führen vor allem Befragungen im Konsumentenbereich durch und arbeiten viel mit Expertinneninterviews, die meist eher qualitativ sind.
Wie definieren Sie den Begriff «Trend»?
Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Ein Trend hat immer etwas mit Veränderung zu tun. Es gibt verschiedene Ebenen. Wir sprechen von Megatrends: Das sind die grossen, langfristigen Veränderungen, die mehrere Branchen betreffen, die relativ stabil sind, auch über Länder, Branchen, Bevölkerungsschichten hinweg. Dann gibt es die eher kleinteiligen Makro- und Mikrotrends, die zum Teil auch mehrere Branchen betreffen. Und dann gibt es sehr kurzfristige Entwicklungen. Die fallen dann eher unter das Thema Hype. Gerade wenn etwas Neues aufkommt, ist es schwer abzuschätzen, ob es wirklich ein Trend ist oder schnell wieder verpufft. Am GDI beschäftigen wir uns vor allem mit Megatrends.
Welche Themen und Trends dominieren bei den Konsumentinnen und Konsumenten im Bereich Ernährung?
Aktuell lassen sich viele Ernährungstrends auf drei Hauptbegriffe reduzieren: Gesundheit, Nachhaltigkeit und Convenience. Das sind so die gefühlten Dauerbrenner, mit denen ich mich befasse. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Unterthemen, die in diese Bereiche eingebettet sind. Im Bereich Gesundheit beobachten wir den Trend, dass Ernährung vermehrt nicht nur als präventive Massnahme, um gesund zu bleiben, sondern auch als eine Art Medizin genutzt wird. Dort fliesst auch die Thematik der Selbstoptimierung mit ein: Zum Beispiel die Verdatung durch Messgeräte, die in Uhren integriert sind und uns helfen, auf unsere Gesundheit zu achten, oder Krankenkassenangebote, die einen Rabatt erlösen, wenn man aktiv ist. Die Kombination aus Nachhaltigkeit und Gesundheit wiederum spiegelt sich beispielsweise in der Planetary Health Diet wider. In diesem Bereich versucht man sich so zu ernähren, dass es sowohl für den eigenen Körper als auch für die Umwelt optimal ist; sodass man eine Balance findet. Im Bereich Convenience drückt sich der Zeitdruck aus, dem wir alle unterliegen. Viele Menschen suchen nach Möglichkeiten, Zeit zu sparen, ohne dabei auf Qualität oder Genuss zu verzichten. Das bewusste Geniessen von Mahlzeiten und das Selberkochen werden zu bewussten Entscheidungen, die man sich gönnt, wenn es die Zeit erlaubt.
Lesen Sie das ganze Interview auf lid.ch.
GDI-Forscherin Christine Schäfer: «Die Menschen versuchen, sich gesünder und nachhaltiger zu ernähren.»
Welche Trends gibt es in der Land- und Ernährungswirtschaft? Was wollen die Konsumentinnen und Konsumenten von heute essen? Welche Trends gibt es in der Produktion und im Verkauf? GDI-Forscherin Christine Schäfer spricht im Interview mit dem Landwirtschaftlicher Informationsdienst über die wachsende Bedeutung von Gesundheit, Nachhaltigkeit und Convenience als treibende Kräfte hinter den aktuellen Ernährungstrends. Gleichzeitig benennt sie die drängendsten Herausforderungen, denen sich Konsumenten gegenüberstehen, und skizziert mögliche Entwicklungen wie die zunehmende Akzeptanz von Fleischalternativen.
16 Juli, 2024
durch
GDI Gottlieb Duttweiler Institute
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Food