Ein Unternehmen als Anwalt der KundInnen?

Ein Unternehmen, das sich als Advokat und Kämpfer für die Kundinnen positioniert? Das klingt spannend. Markus Kaser, Vorstand für Marketing, Einkauf und IT bei SPAR Österreich, erklärt im Interview mit dem GDI das Engagement des Unternehmens in Preisstreitigkeiten, EU-Gesetzgebung und Nachhaltigkeit. Am 7. September spricht er an der 73. Internationalen Handelstagung am GDI.
1 September, 2023 durch
Ein Unternehmen als Anwalt der KundInnen?
GDI Gottlieb Duttweiler Institute

GDI: Herr Kaser, als die Preise stiegen, wurden die Sitten rauer. Wir blicken in Europa auf ein Jahr harter, teils auch öffentlich ausgetragener Konflikte zwischen HändlerInnen und MarkenartiklerInnen zurück. Beruhigt sich die Lage nun wieder?

Markus Kaser: Nicht wirklich. Denn jetzt sehen wir Entspannung bei einigen Rohstoffen und bei den Energiepreisen. Beim Verhandeln um höhere Preise waren die Lieferanten schnell zur Stelle, bei der Gegenbewegung müssen wir ordentlich insistieren, damit sich die MarkenartiklerInnen bewegen.

Der Titel Ihres Vortrags bei unserer 73. Internationalen Handelstagung verspricht, dass Sie Anwalt der KundInnen sein wollen. Der Streit mit LieferantInnen um die Preise ist dafür sicherlich ein Beispiel. Wo und wie wollen Sie sonst noch als unser Anwalt auftreten?

Es gibt Themen, da haben wir eine höhere Durchschlagskraft als der einzelne Konsument, als die einzelne Konsumentin, bei der EU-Gesetzgebung beispielsweise, die Lebensmittel betreffend. Da setzen wir uns dann im Sinne der KonsumentInnen ein. Daher kämpfen wir beispielsweise auch gegen den Nutriscore, der unserer Meinung nach die KonsumentInnen mehr desinformiert als dass es ihnen bei einer gesünderen Lebensmittelauswahl hilft.
Oder auch bei schwierig verständlichen Themen wie beim Einsatz des krebserregenden Pestizids Glyphosat in der Landwirtschaft, das wir ablehnen oder einen für die heimische Produktion schädlichen Freihandelspakt zwischen der EU und Mercosur-Staaten. Da können sich KonsumentInnen nicht so auskennen wie wir, die wir täglich damit zu tun haben. Darum setzen wir uns für sie ein und kämpfen dagegen. Wie das eben auch ein Anwalt oder eine Anwältin tut. Die Interessen der KonsumentInnen vertreten.

Spar Austria ist in insgesamt acht Ländern Europas aktiv. Können Sie dort überall in gleicher Weise als Anwalt der KundInnen agieren? Oder mussten Sie für jedes Land ein eigenes Unternehmensprofil entwickeln?

Unsere Grundhaltung ist überall dieselbe. Nur die Themen können sich unterscheiden. In jedem Land sind die Bedürfnisse der Kunden und Kundinnen ein bisschen anders. Das hat mit Traditionen und Gewohnheiten, aber auch mit der Medienlandschaft zu tun. Welche Themen gesellschaftlich diskutiert werden. Daher sind die Themen, die wir besetzen und uns für die KonsumentInnen einsetzen, oft gleich, aber eben nicht immer und es gibt durchaus länderspezifische Unterschiede. Aber wie gesagt, es geht um die Grundhaltung: Wir kämpfen für unsere KundInnen. Sie sollen einfach beruhigt einkaufen gehen können und uns vertrauen.

Auch in Sachen Nachhaltigkeit benötigen Ihre KundInnen einen Anwalt. Man sieht dem Produkt im Regal ja nicht an, wie ökologisch und fair es hergestellt wurde. Wie können Sie als Einzelhändler hier diese Interessen vertreten – und wo liegen Ihre Grenzen?

Das ist ein ganz zentrales Thema der Zeit und in der Bewertung nicht immer einfach. Wo fängt Nachhaltigkeit an, wo hört sie auf? Da müssen wir uns als HändlerInnen viele viele Fragen stellen. Zum Beispiel will sicher kein europäischeR KundIn Kinderarbeit. Das sind sich alle einig. Aber, wie viel Wasser bei der Herstellung verbraucht wurde, das ist zumindest den mitteleuropäischen Kunden eher weniger wichtig. Da haben sie keinen Fokus drauf, weil es sie weniger betrifft. Sollen wir uns also dafür einsetzen? Wie weit geht unsere Verantwortung? Da kommt man ins Philosophieren.

Aber um Ihre Frage konkret zu beantworten: Wir sehen das so, dass wir vorne mit dabei sind, wenn es Innovationen gibt, reduzieren Plastik wo es geht, achten auf heimische Produkte und setzen uns für die Biodiversität ein.

Bei Ihren Eigenmarken haben Sie einen viel direkteren Einfluss auf die Produktionsbedingungen als bei den Produkten von Markenartiklern. Ist die Umstellung auf Nachhaltigkeit in diesem Segment also einfacher für Sie? Oder geraten Sie gerade hier in Konflikt mit der für Eigenmarken ja angestrebten Preisführerschaft?

Ja, die Umstellung auf Nachhaltigkeit ist bei Eigenmarken einfacher. Da helfen uns die verschiedenen Eigenmarkenlinien. Denn damit einher gehen auch unterschiedliche Kundenerwartungen. Bei Spar Natur pur oder Spar Premium haben wir da mehr Spielraum als bei S-Budget.

Markus Kaser spricht am 7. September auf der 73. Internationalen Handelstagung am GDI über «Die Basis des Handelns: Erfolg braucht Verantwortung! Warum HändlerInnen zu Anwälten Ihrer KundInnen werden müssen.»

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