Die Rückkehr des Etruskerkönigs

«Eine Weltsensation!», berichtete der «Blick» eines Sommertages 1993 aus dem GDI. Nur um tags darauf zurückzukrebsen: Man sei einem Bluff aufgesessen. Was war geschehen?
12 December, 2012 by
Die Rückkehr des Etruskerkönigs
GDI Gottlieb Duttweiler Institute
 

«Scherbenfund – waren die Etrusker in Zürich?», fragte das Schweizer Boulevardblatt am Mittwoch, 16. Juni 1993. Im Artikel war von einer Spaziergängerin die Rede, die eine Scherbe gefunden habe, einem «der sensationellsten Funde der letzten Jahre». Eiligst seien Archäologen herbeigerufen worden. Auf dem Bild zum Artikel sah man «Grabungsleiter Schmidt», der auf eine Opferstelle aus dem Jahr 800 v.Chr. gestossen sei – direkt neben dem GDI. Wegen ihr müssten «grosse Teile der Geschichte der Etrusker neu geschrieben werden», so der «Blick».

Wie war es dazu gekommen? Am 15. und 16. Juni 1993 veranstaltete das Gottlieb Duttweiler Institut eine Tagung zum Thema «No business like showbusiness: von der Produktequalität zur Erlebnisqualität». Zwei Tage lang sollten die Teilnehmer, vornehmlich Marketingleute und Händler, im Haus am Rande des «Park im Grüene» namhaften Referenten wie dem Autor Douglas Coupland, dem Philosophen Norbert Bolz oder dem Medienpionier Roger Schawinski zuhören. Und lernen, wie man 1993 Produkte verkauft.

Tagungsteilnehmer stören Ausgrabungen

Im Verlauf der beiden Tage interessierten sich die Teilnehmenden immer stärker für die Ausgrabungsstelle, die sich direkt vor der Glasfassade des Tagungssaals auftat. In den Konferenzpausen wurde sie derart belagert, dass «Grabungsleiter Schmidt» darum bat, doch bitte nicht dauernd seine Arbeit zu stören. Vielmehr werde man am Abend eine Informationsveranstaltung abhalten. An dieser muss auch ein «Blick»-Journalist zugegen gewesen sein. Und muss den Bericht des Archäologen gehört haben, wonach er unter der Rüschliker Wiese auf eine so seltene wie kostbare Skulptur gestossen sei, auf das höchste Machtsymbol der Etrusker: den «König mit seinem Schatten».

Gute Geschichte – nur dass der Archäologe und sein Team in Wirklichkeit «Story Dealer» waren, ein Team, das Erlebnisse für Unternehmen inszeniert. Passend zum Tagungsthema, zeigten die Berliner, wie faszinierend eine gut inszenierte Geschichte sein kann (und was das für Händler bedeutet). Der «Blick» nannte das eine «Bluff-Geschichte». Und musste zugeben, ihr ebenfalls aufgesessen zu sein.

 

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