Vertrauen gestalten im Zeitalter künstlicher Intelligenz

Während KI Inhalte in Massen produziert, wächst der Wert dessen, was sich nicht automatisieren lässt: Vertrauen. Die Tech-Vordenkerin Nathalie Nahai zeigt, warum echte Verbundenheit zur zentralen Ressource für Marken wird und wie Organisationen sie erhalten und stärken.
19 November, 2025 durch
Vertrauen gestalten im Zeitalter künstlicher Intelligenz
GDI Gottlieb Duttweiler Institute

Wann haben Sie zuletzt einen originellen Inhalt gesehen, der Sie wirklich überrascht und vollkommen abgeholt hat? Zwischen KI-generierten Produktbildern, austauschbaren Claims und glattpolierten Corporate-Statements geht Authentizität oft verloren. Marken kommunizieren viel, aber klingen häufig gleich. Und schon scrollt der User weiter, bevor überhaupt Resonanz entsteht.

Nathalie Nahai ist Autorin und international gefragte Tech-Expertin. Sie analysiert, wie digitale Umgebungen unser Verhalten verändern und weshalb Organisationen nur dann relevant bleiben, wenn ihre Kommunikation klar, kohärent und authentisch ist.

Warum Vertrauen brüchig wird

Inhalte zu automatisieren erleichtern zwar die Produktion, aber sie erhöhen auch die Austauschbarkeit. Wer die gleichen Claims, die gleichen Bildsprachen und die gleichen KI-generierten Botschaften nutzt wie alle anderen, verliert Profil. Menschen scrollen täglich durch hunderte Beiträge und bleiben nur dort hängen, wo Werte erkennbar gelebt werden. Für Nahai ist deshalb klar: Resonanz entsteht nicht durch mehr Inhalt, sondern durch Haltung.

Das wird auch von der Forschung bestätigt. Studien zum sogenannten «AI Authorship Effect» zeigen, dass KI-erzeugte Inhalte bei emotionalen Botschaften weniger authentisch wirken und bei vielen Menschen sogar Abwehr auslösen. Konsumentinnen und Konsumenten empfinden häufiger moralischen Ekel, was zu weniger positiven Weiterempfehlungen und geringerer Kundentreue führt. Das Fazit: Wir wollen Gefühle nicht von Maschinen vermittelt bekommen.

Diese moralische Abwehrreaktion erklärt, warum emotionales Storytelling von der Künstlichen Intelligenz erstellt – vor allem in Werbung und Markenkommunikation – oft ins Leere läuft. Und warum Vertrauen brüchig wird, wenn Organisationen versuchen, Nähe zu automatisieren.


Wie Marken Profil behalten

Besonders jüngere Zielgruppen erwarten Kohärenz: Unternehmen sollen nicht nur sagen, wer sie sind, sondern es zeigen. Nahai plädiert für Kommunikation, die auf echter Kultur statt auf austauschbaren Claims basiert. Erfolgreiche Marken nutzen Technologie als Hilfsmittel: etwa um Ideen zu entwickeln, verschiedene Varianten zu erzeugen, die man selbst weiter kuratiert und verfeinert, oder um längere Gedanken zu verdichten und verständlicher zu machen. In diesen Bereichen kann KI einen echten Mehrwert schaffen.

Doch die eigentliche kreative Stärke – der Funke aus Vorstellungskraft, Denken und Empathie – ist und bleibt menschlich. Darum sagt Nahai: «Nur weil du etwas an die KI auslagern könntest, heisst das nicht, dass du es solltest. Handle bewusst. Setze KI klug ein – und du kannst viel erreichen.»

Live am Europäischen Trendtag

Die Fragen, die Nathalie Nahai stellt, beschäftigen Organisationen weltweit: Wie bleiben Aufmerksamkeit und Vertrauen erhalten, wenn Inhalte zunehmend künstlich werden? Wie können Unternehmen in einer automatisierten Umgebung menschlich bleiben? Diese Themen stehen im Zentrum ihres Vortrags am Europäischen Trendtag am GDI. Sie zeigt, wie Marken aus dem digitalen Rauschen herausfinden und Beziehungen aufbauen, die Bestand haben. Sie gibt Einblicke, wie Unternehmen Vertrauen in Loyalität verwandeln und warum echte Verbundenheit einer der stärksten Differenzierungsfaktoren der kommenden Jahre wird.

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