«Einer der wichtigsten Beiträge, den Künstliche Intelligenz für die menschliche Kreativität leisten kann, ist die Zeitersparnis, um kreative oder gesellige Dinge zu tun, wie z. B. nachzudenken, Kontakte zu knüpfen oder neue Erfahrungen zu machen», sagte Jan Bieser, Senior Researcher am GDI, an der KI-Konferenz «Discovery on Steroids». Viele Studien hätten gezeigt, dass KI monotone und repetitive Aufgaben übernehmen könne. «Wir sprechen von der Vier-Tage-Woche und davon, dass die KI den ArbeitnehmerInnen zwei Arbeitswochen im Jahr abnehmen kann», so Bieser.
«Wenn KI uns Zeit für eine bestimmte Tätigkeit spart, bedeutet das aber nicht unbedingt, dass wir am Ende mehr Zeit haben, denn es kommen noch andere Effekte ins Spiel», meint Bieser. In den letzten zwei Jahrzehnten hätten wir immer mehr Zeit vor Bildschirmen verbracht, um fernzusehen, zu gamen oder mit dem Smartphone zu interagieren. Dies passiere auf Kosten der Zeit, die wir für andere Aktivitäten am Tag aufwenden könnten. Aktive Freizeitbeschäftigungen fernab des Bildschirms wie Kontaktpflege, Lesen oder Spazierengehen hätten im gleichen Zeitraum abgenommen. «Die digitalen Technologien beanspruchen also immer mehr unsere Aufmerksamkeit und Zeit. Und das geschieht mit Absicht», sagt der GDI-Forscher. Dabei spreche man von «addictive design»: Digitale Technologien seien so konzipiert, dass sie die NutzerInnen möglichst lange an sich binden, z. B. durch endlose Feeds oder Empfehlungen.
Wenn KI ins Spiel komme, könne dieses Design sogar noch besser funktionieren, weil KI unsere Interessen besser kenne und mit natürlicher Sprache über Geräte wie Alexa mit uns interagieren könne. Es bestehe die Gefahr, dass wir durch KI noch mehr Zeit mit digitalen Technologien verbringen auf Kosten anderer Aktivitäten.
Wie wird die Zukunft aussehen? Jan Bieser meint: «KI könnte Zeit freisetzen, die für Aktivitäten abseits des Bildschirms genutzt werden kann, oder sie könnte unsere Aufmerksamkeit noch stärker auf digitale Technologien lenken. Die menschliche Kreativität muss also durch KI ergänzt und gleichzeitig vor ihr geschützt werden.»