Technologische Entwicklungen in der Biotechnologie und Mikrobiologie verändern, wie wir Materialien produzieren, konsumieren und mit der Umwelt interagieren. Diese Fortschritte fördern eine Wirtschaft, die auf regenerativen Prinzipien basiert. Die Bioökonomie nutzt dabei biologische Innovationen, um Produktionsprozesse umweltfreundlicher zu gestalten – etwa durch die Gewinnung von Treibstoffen aus Algen und den Einsatz erneuerbarer Energien.
Um das Potenzial der Bioökonomie voll auszuschöpfen, braucht es nicht nur technische Fortschritte, sondern auch einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel. Doch wie bereit sind wir dafür? Unsere Studie «Das Zeitalter der Biologie – Wie sich die Beziehung zwischen Mensch, Natur und Technik verändert» geht dieser Frage auf den Grund. In einer repräsentativen Befragung von rund 1000 Personen in der Deutschschweiz haben wir untersucht, welche Bedeutung die Natur heute für die Menschen in der Schweiz hat und wie stark sie sich mit ihr verbunden fühlen.
Mehrheit fühlt sich naturverbunden
Auch wenn viele Menschen heute wenig direkten Kontakt zur Natur haben, fühlen sich ihr nur wenige entfremdet. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass sich die Mehrheit der Befragten als naturverbunden einschätzt – insbesondere Frauen und Personen über 50. Fast 95 % bedauern die Zerstörung der Natur und sprechen sich für ihren Schutz um ihrer selbst willen aus.
Fast die Hälfte der Befragten (46,4 %) möchte die Natur vor menschlichen Eingriffen schützen und lehnt die Erschliessung ungenutzter Flächen ab. Ein Fünftel (19,3 %) ist zwar offen für die landwirtschaftliche Nutzung unerschlossener Gebiete, jedoch nur unter bestimmten Bedingungen. Nur etwa 10 % halten den Schutz unberührter Natur für naiv. Selbst in wenig menschenfreundlichen Gebieten möchten über die Hälfte (58,6 %) keine weiteren Eingriffe wie Flussbegradigungen oder Entwässerungsgräben. Diese Haltung teilen sowohl Stadt- als auch Landbewohner*innen.
Das Bedürfnis, die Natur zu beherrschen, verspüren die meisten Befragten hingegen nicht. Die Idee, die Natur rücksichtslos auszubeuten, findet kaum Anklang. Jüngere Menschen lehnen Raubbau stärker ab als ältere, wahrscheinlich weil sie die Folgen länger tragen werden.
Gleiche Rechte für alle Lebewesen
Die Mehrheit (63,4 %) betrachtet alle Lebewesen als gleichwertig und lehnt Hierarchien zwischen den Arten ab. Nur 13,3 % fühlen sich anderen Lebewesen überlegen, und lediglich 2,3 % sehen den Menschen über der Natur. Diese Wertschätzung zieht sich durch alle Alters-, Geschlechts- und Bildungsgruppen.
Gefragt nach ihrer Meinung zur Anerkennung von Pflanzen und Tieren als Rechtspersonen stimmt die grosse Mehrheit der Befragten der Gleichstellung aller Lebewesen zu. Zumindest als abstrakte Idee scheint die Demokratisierung aller lebenden Wesen mittlerweile selbstverständlich. Viele Menschen sind heute offenbar bereit, ihr Verhältnis zur Natur zu überdenken. Die Zustimmung ist dabei deutlich höher, wenn es um die Rechte von Primaten und Ökosystemen geht und nicht um einzelne Tier- oder Pflanzenarten.
Wandel im Weltbild
Unsere Umfrage zeigt zwei bedeutende Verschiebungen: Erstens vollzieht sich ein Wertewandel von einem anthropozentrischen zu einem ökozentrischen Weltbild. Die Natur wird also zunehmend als eigenständiger Wert anerkannt, verbunden mit der Idee einer rechtlichen Gleichstellung und Inklusion aller Lebewesen. Zweitens betrachten wir die Natur nicht länger als fremdes Gegenüber, sondern als integralen Bestandteil unserer Welt – und von uns selbst. Wir erkennen zunehmend, dass unsere Handlungen in der Natur direkte Auswirkungen auf uns haben und umgekehrt.
Die Ergebnisse zeigen deutlich: Ein Wertewandel hin zu mehr Respekt und Schutz für die Natur ist im Gange. Unsere Studie «Das Zeitalter der Biologie – Wie sich die Beziehung zwischen Mensch, Natur und Technik verändert» bietet tiefere Einblicke in diesen Wandel und zeigt, wie die Gesellschaft und Technik gemeinsam eine nachhaltigere Zukunft gestalten können.