Was macht Freundschaften in der Schweiz aus?

Freundschaft, ein Begriff, der oft schwer zu definieren ist, wird in der GDI-Studie «In guter Gesellschaft» auf methodische Weise untersucht. Die Studie zeigt, was typisch für Freundschaften in der Schweiz ist, und wie zufrieden Zugezogene mit ihrer Freundschaftssituation sind.
19 September, 2023 durch
Was macht Freundschaften in der Schweiz aus?
GDI Gottlieb Duttweiler Institute

Der nachfolgende Text basiert auf einem Auszug aus der GDI-Studie «In guter Gesellschaft», die über unsere Website bezogen werden kann. In der ersten grossen Schweizer Freundschaftsstudie wurde Freundschaften in der Schweiz mit drei methodischen Vorgehensweisen auf den Zahn gefühlt: mit qualitativen Interviews in Fokusgruppen, einer quantitativen Umfrage mit 3000 Personen aus der deutschen, italienischen und französischen Schweiz sowie einer Interventionsstudie, in der Teilnehmende den Auftrag erhielten, jemanden «von früher» zu kontaktieren.

Aus Sicht der befragten (Deutsch-)SchweizerInnen in den Fokusgruppen ist im Hinblick auf das Entstehen von Freundschaften in der Schweiz eine besonders aktive emotionale Vorarbeit erforderlich.

«Hier in der Schweiz braucht Freundschaft viel länger, man muss sich erst ein bisschen beschnuppern und alles ausloten. Man taut nicht so schnell auf.»

Diese Einschätzung korrespondiert mit den individuellen Erfahrungen der Zugezogenen. Im Vergleich zur Schweiz entstünden und wüchsen Freundschaften unter Menschen anderer Kulturen deutlich natürlicher und einfacher.

«In der Schweiz hat es drei Jahre gedauert, bis wir Freunde gefunden haben – in London einen knappen Monat.»

Andererseits wird in den Fokusgruppen aus Schweizer Sicht angemerkt, dass es Freundschaften in anderen Kulturen tendenziell an Commitment fehle. Die quantitativ häufigeren Treffen würden durch eine tendenzielle Beiläufigkeit im Kontakt untergraben, was sich negativ auf die erwartete Qualität des Austauschs auswirke. Die Schweizer Teilnehmenden assoziieren damit eine grössere Oberflächlichkeit, die mit weniger Langfristigkeit und Loyalität verbunden sei.

«Wenn man Freunde gefunden hat in der Schweiz, dann wird das mega ernst genommen, und du hast auch gewisse Verpflichtungen. Ab dann bist du da für die Person, hilfst zügeln und nimmst das Telefon ab.»

Zugezogene erkennen die Langfristigkeit und Loyalität von Freundschaft in der Deutschschweiz ebenfalls, empfinden diese jedoch als ausgrenzend. Sie beobachten statische, geschlossene Freundeskreise. Für Aussenstehende wirke es schier unmöglich, in diese geschlossenen Kreise aufgenommen zu werden.

«Schweizer bleiben gern in ihrem Umfeld und haben oft seit Jahren die gleichen Freunde. Es scheint, als wäre ihr Bedarf an Freunden gedeckt. Sie brauchen keine Inputs von aussen.»


Mehr über Freundschaften in der Schweiz erfahren Sie in der Studie «In guter Gesellschaft», die das Gottlieb Duttweiler Institut im Auftrag des Migros-Kulturprozent verfasst hat. Die Studie ist in Deutsch, Französisch und Italienisch gratis als Download erhältlich.

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