Übersicht: Megatrends im Gesundheitsmarkt

Acht Megatrends werden die Zukunft der Gesundheitsbranche entscheidend beeinflussen. Sie werden in den nächsten zehn Jahren die Menschen und ihre Bedürfnisse und damit auch den Markt verändern. Wie das aussehen kann, zeigen wir hier.
3 März, 2021 durch
Übersicht: Megatrends im Gesundheitsmarkt
GDI Gottlieb Duttweiler Institute

Der nachfolgende Text basiert auf einem Auszug aus der GDI-Studie «Apotheke 2030», die über unsere Website bezogen werden kann.

Die Corona-Pandemie hat gezeigt: manche Ereignisse lassen sich nur schwer oder nicht in ihrem ganzen Ausmass erahnen. Eine grobe Richtung geben uns jedoch Megatrends vor, tiefgreifende und langfristige Veränderungen von Strukturen, Prozessen, Verhaltensweisen und Werten. Sie tauchen global auf und sind relevant für verschiedene Branchen. Die nachfolgend beschriebenen Megatrends sind heute schon erkennbar und haben bereits einige Branchen in ihren Grundfesten erschüttert, so auch die Gesundheitsbranche.

Bedürfnisbefriedigung erfolgt sofort, jederzeit, überall. Niemand will heute noch warten, man ist konstant unter Strom und «always on». Wir gewöhnen uns daran, dass Online-Inhalte unmittelbar und jederzeit verfügbar sind. Diese unverzügliche Bedürfnisbefriedigung verändert die Erwartungen der Konsumenten an Dienstleister und Händler komplett: Wartezeiten werden kaum mehr akzeptiert, stattdessen wünscht man sofortige Verfügbarkeit und Lieferung der Produkte. Convenience wird wichtiger, Kundinnen möchten es heute so einfach und bequem wie möglich haben.

Gesundheit ist heute viel mehr als die Abwesenheit von Krankheiten. Gesundheit hat sich zu einem Lifestyle entwickelt. Zu etwas, das aktiv angestrebt wird. Wellness und Wohlbefinden – sowohl körperlich als auch mental – spielen dabei eine zentrale Rolle. Gesundheit wird immer mehr zu einem Teilaspekt aller Lebensbereiche: gesund essen, gesund arbeiten, gesund wohnen, gesund reisen, gesund alt werden. Dabei kommt dem Tracking von Körperdaten wie Anzahl Schritte, Herzfrequenz, Kalorienverbrauch, Schlafphasen usw. eine immer grössere Rolle zu, und Selbstoptimierung wird zu einem Dauerprojekt.

Personalisierung wird in immer mehr Branchen zur Norm und setzt sich auch im Gesundheitsbereich durch. Angebote, die individuell auf die Wünsche einer Kundin abgestimmt sind, boomen. Individualisierte Trainings- und Ernährungspläne, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, Mode und Accessoires, Streaming-Angebote oder Playlisten sind nur ein paar Beispiele von vielen. Dank der Pharmakogenetik, die sich mit dem Einfluss der Gene auf die Wirkung von Medikamenten befasst, kann zudem die Formulierung von Arzneimitteln auf die individuellen Bedürfnisse der Konsumenten immer besser abgestimmt werden.

Konsumentinnen wollen heute immer besser informiert sein über die Produkte, die sie konsumieren. Wie, wo, wann und unter welchen Bedingungen wurden sie produziert? Dies zeigt sich besonders stark bei Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs. Im Gegensatz zu Mode, Spielzeug oder Accessoires brauchen Medikamente aber eine Zulassung, und sie werden strenger kontrolliert. Im Gesundheitswesen spielt Transparenz bei den Daten eine immer wichtigere Rolle – Stichwort «gläserner Kunde»: Welche Informationen werden mit wem geteilt, und wie wird mit den individuellen Gesundheitsdaten umgegangen? Tracking von Körperdaten gehört heute für viele Menschen zum Alltag. Mit einer Smartwatch können Konsumentinnen so die Wirkung eines Medikaments testen: Schlafe ich wirklich besser mit diesem Schlafmittel? Hat das Beruhigungsmittel positive Auswirkungen auf meinen Puls? Umgekehrt kann eine neue Form von Medikamenten die Patienten vermessen: Smart Pills, auch als digitale Pillen bezeichnet, sind verschreibungspflichtige Medikamente, die mit elektronischen Sensoren ausgestattet sind. Nach der Einnahme senden sie drahtlos Nachrichten an körperexterne Geräte wie Pflaster, Tablets oder Smartphones. Mit diesen neuen Möglichkeiten können Ärztinnen und Apotheker überprüfen, ob die Medikamente von den Patienten wirklich wie verschrieben eingenommen werden und wie gut sie wirken.

Kritisch ist hier der Datenschutz: Was passiert mit all den Informationen, welche täglich generiert und analysiert werden?In der Regel sind das nicht nur «einfache» Daten wie die Anzahl Schritte oder die zurückgelegte Distanz. Es können auch sehr intime Daten sein wie Erbkrankheiten, bevorstehende Herzinfarkte oder menstruelle Zyklen. Wichtiges wird in Zukunft zudem der Umgang mit den Informationen im elektronischen Patientendossier (EPD) sein. Das EPD ist eine Sammlung persönlicher Dokumente mit Informationen rund um die Gesundheit einer Person. Für Kundinnen ist wichtig zu wissen, wer Zugang zu diesen Daten hat und wie sie geschützt werden. 

Daten werden in Zukunft zur wichtigsten Währung und entscheiden über Erfolg oder Misserfolg von Firmen. Will ein Unternehmen in unserer stark digitalisierten Welt Erfolg haben, muss es seinen Markt, seine Konkurrenten und seine Kundinnen genau kennen. Ein gut strukturiertes Daten- und Informationsmanagement ist daher unerlässlich. Auch im Gesundheitsbereich sind Daten von grösster Bedeutung, no data, no health. Allerdings erreicht die Menge der generierten Daten oft Ausmasse, bei denen man statt zu weniger zu viele Informationen hat und nur leistungsstarke Algorithmen sie noch verarbeiten und entschlüsseln können. 

Steigende Gesundheitskosten und der Patientenwunsch nach Convenience führen zu einer wachsenden Bedeutung von ambulanten Lösungen. Denn sie sind  in der Regel schneller und kostengünstiger als  stationäre Aufenthalte. Mit der wachsenden Menge und Qualität von Daten werden sogenannte Before-Demand-Angebote möglich. Aus Körperdaten lassen sich Signale für unmittelbar bevorstehende Komplikationen herauslesen. So kann vorgebeugt werden, bevor Krankheiten entstehen. Eine Voraussetzung ist jedoch, dass die Gesundheitsdienstleistungen dort oder in der Nähe verfügbar sind, wo sich die Kundin gerade aufhält. Entsprechend engmaschig muss das Netzwerk an Care-Dienstleistern sein.

Eine Plattform ist eine Dienstleistung oder eine Technologie, die verschiedene Stakeholder miteinander verbindet. Sie gewinnen in verschiedenen Branchen an Bedeutung: im Bankenwesen, bei Essens-Lieferservices, im Einzelhandel, in der Kommunikation, in der Partnervermittlung, im Auktionswesen oder auch in der Gesundheitsbranche. Eine Plattform ist besonders gut darin, eine möglichst effiziente Verknüpfung von Angebot und Nachfrage herzustellen. Sie wird damit zur zentralen Schnittstelle zwischen Kundinnen und Unternehmen.

Weil Plattformbetreiber Unmengen an Daten sammeln können, werden sie zu sehr mächtigen Playern. Sie senken die Transaktionskosten, indem sie eine direkte Verbindung zwischen Anbietenden und Kunden herstellen. Dadurch werden klassische Mittelsleute, etwa Gross- oder Zwischenhändler, umgangen. Dank der Datenmenge und mit leistungsstarken Algorithmen gelingt es Plattformen wie Amazon Health zunehmend, ihren Kundinnen die relevantesten Angebote zu zeigen. Die Dienstleistung so einer Plattform besteht darin, verschiedene, bisher nicht verknüpfte Angebote von Spitälern, Ärzten, Apotheken an einem zentralen Ort aufzulisten und zu kombinieren: In Zukunft können Algorithmen Bedürfnisse von Kundinnen vorhersagen und die dafür relevanten Angebote zusammenstellen, bevor die Kundinnen selber ihre Bedürfnisse überhaupt kennen. Die Bündelung von verschiedenen Dienstleistungen für die beste Customer-Experience rückt hier ins Zentrum.

Viele Menschen verbringen ihr Leben nicht mehr an dem Ort, an dem sie geboren wurden. Neben der Migration gibt es weitere demographische Verschiebungen, zum Beispiel in der Altersstruktur. So sinken in Europa die Geburtenraten seit einiger Zeit, während die Lebenserwartung steigt. Damit steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung, das Verhältnis von Jungen zu Alten verschiebt sich. Mit mehr älteren Menschen verändern sich auch die Bedürfnisse in der Gesellschaft.

Zusätzlich verändert sich die geografische Verteilung der Menschen. Der globale Trend der Urbanisierung ist auch in der Schweiz  zu beobachten: In Zukunft werden noch mehr Menschen in Städten wohnen. Zusätzlich steigt der Anteil der Single-Haushalte, immer mehr Menschen leben allein in ihren Wohnungen.

Die acht Megatrends werden die Gesundheitsbranche in den nächsten zehn Jahren verändern. Was das beispielsweise für Apotheken heisst, zeigt die GDI-Studie «Apotheke 2030»:

Studie, 2020 (kostenloser Download)

Sprachen: Deutsch, Französisch
Format: PDF
Im Auftrag von: pharmaSuisse

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