Trendforscher untersuchen, wie das Neue auf die Welt kommt. Sie fühlen sich angezogen von Ungewissheiten, Mehrdeutigkeiten und Widersprüchen. Trendforscher denken wie Füchse im Sinne des griechischen Dichters Archilochos: «Der Fuchs weiss viele Dinge, aber der Igel weiss ein grosses Ding.» Das hat auch der US-Psychologe Philip Tetlock in einer Langzeitstudie gezeigt.
Was ist die erste Tätigkeit eines Trendforschers, wenn er morgens ins Büro kommt?Wer versucht, die Zukunft zu entschlüsseln, sucht immer und überall nach Abweichungen vom Gewohnten, nach schwachen Signalen und Anzeichen von Neuem. Insofern ist das Büro eines Trendforschers überall und nur ein Durchgangsort, wo er sich mit anderen austauscht und Beobachtungen und Analysen dokumentiert.
Welche besonderen Kompetenzen braucht eine Trendforscherin?Sie braucht ein grosses Vorstellungsvermögen und einen ausgeprägten Möglichkeitssinn. Diesen Möglichkeitssinn definierte Robert Musil 1930 in «Der Mann ohne Eigenschaften» als die Fähigkeit, das, was ist, nicht wichtiger zu nehmen als das, was nicht ist.
Wie lebt man als Trendforscher im Hier und Jetzt, wenn man sich gedanklich so viel im Morgen aufhält?Trendforscherinnen leben auch in der Gegenwart, nehmen sie aber anders wahr. Sie achten häufiger auf Veränderungen, auf das Kommende und nicht auf das Vergangene. Sie interessieren sich mehr für Experimente, für das Unbekannte und das heute noch Unmögliche als für Bekanntes und Bewährtes.
Welche Trends und Entwicklungen haben Sie «vorhergesehen», und was kam überraschend oder sogar gegenläufig?Jeder Trend hat einen Gegentrend. Das Gottlieb Duttweiler Institut analysiert Trends im Spannungsfeld zwischen den gegensätzlichen Kräften, die auf Wirtschaft und Gesellschaft einwirken, seit vielen Jahren systematisch. Zum Beispiel wurde die wachsende Nachfrage nach lokalen und biologischen Produkten – als Gegentrend zur Globalisierung – vom GDI schon sehr früh erkannt, lange bevor diese Produkte in den Regalen jedes Supermarktes zu finden waren.