Was ist Ihr heissester Detailhandelstrend für das kommende Jahr?
Ein Trend, den wir am Future Laboratory kürzlich aufgespürt haben, sind die sozialen Medien als wichtiges Service-Tool und Arbeitsmittel für Verkaufsmitarbeitende. Beim Kundendienst geht es darum, zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen. Da ist ein einzelner Tweet oder eine schnelle E-Mail-Nachricht oft nicht persönlich genug. Stattdessen sollten und werden sich die Marken Massnahmen wie Live-Video- und Audio-Unterhaltungen sowie Plattformen wie Snapchat zuwenden, um Kundenanliegen zu bearbeiten. Der Beauty-Abo-Service Birchbox beispielsweise rief seine Follower via Snapchat dazu auf, die Marke über die Video- oder Telefonfunktion der Plattform zu kontaktieren.
Fällt Ihnen ein Detailhandels-Start-up oder -konzept ein, das die Branche in nächster Zeit revolutionieren könnte?
Wir erleben einen Wandel vom statischen 2D- hin zu einem spannenderen, interaktiven Einkaufserlebnis. Begonnen hat das alles eigentlich mit dem Aufkommen des Live-Streamings. Das ist nicht nur persönlicher für den Kunden, sondern auch eine tolle Möglichkeit, Transparenz und Vertrauen zu fördern. Tmall, die E-Commerce-Seite der Alibaba-Gruppe, hat dies kürzlich mit dem Live-Streaming einer Führung bei Macy’s getan. Dabei wurden den 122’000 chinesischen Kunden, die den Live-Stream verfolgten, verschiedene Produkte sowie Möglichkeiten, diese online zu erwerben, vorgestellt. Wenn man an die Verbreitung künstlicher Intelligenz denkt und daran, wie Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Technologien in solche Streams eingebunden werden können, wird klar, dass diese Trends die Branche künftig revolutionieren werden.
Welchen Rat geben Sie angeschlagenen stationären Läden?
Man sollte nicht unterschätzen, was man mit seiner Ladenfläche alles tun kann. Für viele Kunden ist der stationäre Handel noch immer ein wichtiger Ort, der unvergessliche Einkaufs- und Service-Erlebnisse bietet. Deshalb sollte man sich darauf konzentrieren, in die Mitarbeitenden zu investieren und künstliche Intelligenz als wichtiges Tool zur Unterstützung zu entdecken. Gleichsam sollten die stationären Läden versuchen, ihre physischen und digitalen Kanäle zu einem «phygitalen» Erlebnis zu verschmelzen.
Wenn Sie den Kunden der Zukunft beschreiben müssten: Welche Eigenschaften hätte dieser?
Der Konsument der Zukunft will einen nahtlosen Handel und nimmt Online- und stationären Handel nicht als zwei verschiedene Kanäle wahr. Er sieht Ihre Marke als einen Kanal und möchte entsprechend angesprochen werden. Auch die demografischen Unterschiede werden kleiner, insbesondere wenn es um das Online-Verhalten geht. Eine Marke, die den Kunden der Zukunft ansprechen möchte, ist gut beraten, auf eine altersneutrale Marketingstrategie zu setzen.
Welche Rolle spielen Luxusmarken heute?
Luxusmarken stellen ganz klar einen wichtigen Teil des Detailhandels dar. Obwohl die Rolle der Marke vom jeweiligen Sektor abhängt, ist eine interessante Veränderung zu beobachten: Immer mehr Luxusmarken versuchen Millennials über den digitalen Kanal anzusprechen. Fendi ist im Februar mit der digitalen Plattform F Is For… an den Start gegangen, die mit ihren verschiedenen Inhalten ganz auf die Millennials abzielt. Auch Gucci konzentriert sich mit der Kampagne #TFWGucci auf unterschiedliche, speziell aufbereitete Memes.
Auf Ihrer Unternehmenswebsite nennen Sie «ehrliche Produkte» als einen Mikrotrend. Was macht diese neue Generation von Produkten aus?
In einer Zeit, in der Konsumenten ständig online und gut vernetzt sind und sehr ergebnisorientiert und gut informiert neue Produkte kaufen, ist es wichtiger als je zuvor, dass Marken ehrlich und transparent sind. Solche «ehrlichen Produkte» verzichten auf leere Marketing-Versprechen, kennzeichnen Inhaltsstoffe transparent und regen den Konsumenten dazu an, den wissenschaftlichen Erkenntnissen hinter den Produkten zu vertrauen.
Chris Sanderson sprach an der 67. Internationalen Handelstagung vom 7. – 8. September 2017 über den neuen Konsumenten.