SchweizerInnen haben keine Zeit mehr fürs Shoppen – GDI veröffentlicht neue Handelsstudie

Rüschlikon, 7. November 2023. Der Zeitstress, dem KonsumentInnen immer stärker ausgesetzt sind, droht den Handel in eine fundamentale Krise zu stürzen. Zeit sparen ist für die Kundinnen und Kunden wichtiger als Geld sparen. Das ist das Ergebnis der neuen Schweizer Handelsstudie «Ausgebummelt – Wege des Handels aus der Spass- und Sinnkrise» des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI), die heute veröffentlicht wird. Die repräsentative Studie zeigt, dass Einkaufen für Schweizerinnen und Schweizer kein Freizeitvergnügen mehr ist. Bummeln ist out. Der Handel muss schneller, näher, schöner und sinnvoller werden, um dem Trend zu begegnen. 

Seit Jahren durchlebt der Handel turbulente Zeiten. Nach Lieferkettenengpässen, steigenden Rohstoffpreisen und Fachkräftemangel stellt nun ein weiterer Faktor den Handel vor eine grosse Herausforderung: Zeit. Sie wird bei Konsumentscheidungen zur kritischen Ressource. 30 % aller Schweizerinnen und Schweizer im erwerbsfähigen Alter stehen häufig oder fast immer unter Zeitstress. Die wertvolle Zeit wollen KonsumentInnen immer weniger mit Shoppen verbringen. Die Ergebnisse der neuen Handelsstudie des GDI «Ausgebummelt – Wege des Handels aus der Spass- und Sinnkrise» deuten darauf hin, dass sich die Einstellung zum Einkaufen gewandelt hat. Es wird nicht mehr als angenehme Freizeitbeschäftigung, sondern als «mühsame Tätigkeit» wahrgenommen. 

Shopping so unbeliebt wie Hausarbeit

Den meisten Menschen macht es weder Spass, noch erleben sie Einkaufen als sinnstiftend, so die Ergebnisse der GDI-Studie. Shopping zählt zu den unbeliebtesten Freizeitaktivitäten. Es ist fast so unbeliebt wie Hausarbeit und weniger beliebt als bezahlte Arbeit. 50.5 % der Schweizerinnen und Schweizer nutzen ihre Zeit lieber anders als einzukaufen. JedeR Vierte (26.4 %) würde am liebsten gar keine Zeit mit Einkaufen verbringen.

Zeit sparen ist wichtiger als Geld sparen

Dass Zeitstress das Einkaufsverhalten beeinflusst, sieht man deutlich an der Zeit, die für das Einkaufen eingesetzt wird. Die durchschnittliche Einkaufszeit (in Minuten pro Woche) der SchweizerInnen hat in den vergangenen 25 Jahren kontinuierlich abgenommen: von 139 Minuten 1997 auf 120 Minuten 2020 (Bundesamt für Statistik) und 115 Minuten 2023 (GDI). Insgesamt ist das ein Rückgang von etwa 17 %. Die SchweizerInnen gehen heute pro Tag nur etwa 16.4 Minuten einkaufen. Und die wöchentliche Einkaufszeit wird in Zukunft vermutlich weiter sinken. Fast ein Fünftel aller Befragten (19.9 %) in der GDI-Studie will in den kommenden 12 Monaten seine Einkaufszeit weiter reduzieren. Für 85 % der Menschen kommt es vor allem auf eines an: den Einkauf so schnell und effizient wie möglich hinter sich zu bringen. Nur etwa 3 % wünschen sich mehr Zeit fürs Einkaufen und gerade mal 15 % gehen noch bummeln. 

Vier Shopper-Typen

Nicht jede und jeder Befragte empfindet den Lebensmitteleinkauf als mühselig oder geht ungern shoppen. Es gibt teilweise grosse Unterschiede zwischen Geschlechtern oder Altersgruppen. Die unterschiedlichen Einstellungen zum Einkaufen werden in der Studie mit vier Shopper-Typen dargestellt: ziellose BummlerInnen, strikte BedarfskäuferInnen, aufgeschlossene OptimiererInnen und effiziente IdentitätskäuferInnen. Immerhin haben die letzten drei Shopper-Typen eines gemeinsam: das Bedürfnis, schnell und effizient einzukaufen.

Die Einkaufszeit von Männern und Frauen gleicht sich an

Die GDI-Studie zeigt auch: Das Klischee «Frauen kaufen öfter ein als Männer» hat ausgedient. Frauen und Männer investieren heute gleich viel Zeit in Shopping. Ein Grund ist, dass Männer von Jahr zu Jahr mehr Aufgaben im Haushalt übernehmen. Über alle Einkommens- und Familienkonstellationen hinweg teilen sich 41 % der Haushalte die Verantwortung für diesen Bereich. Dabei ist Einkaufen die Haushaltsaufgabe, die Paare mit Abstand am häufigsten gemeinsam übernehmen. 

Zum anderen macht Frauen heute Einkaufen viel weniger Spass, Männern etwas mehr. Etwa ebenso viele Männer (18.9 %) wie Frauen (19.3 %) sagen, der Spass hat eher oder stark zugenommen. Allerdings haben mehr Frauen (28.8 %) heute weniger Freude am Einkaufen als noch vor fünf Jahren, bei den Männern sind es nur 16.2 %. 

Vier Wege aus der Spass- und Sinnkrise

Damit Einkaufen für KundInnen wieder attraktiver wird, muss der Handel sich gemäss den GDI-Forschern an vier Ps halten: Er muss schneller (Promptness), näher (Proximity), schöner (Pleasure) und sinnvoller (Purpose) werden. Der Handel muss den Menschen Zeit zurückgeben und zum Zeitgestalter seiner KundInnen werden. Firmen, die heute finanziell erfolgreich sein wollen, müssen ihren KundInnen schnelles, effizientes Einkaufen ermöglichen und dafür sorgen, dass die investierte Zeit als angenehm und sinnvoll empfunden wird. 

Methodik

Für die Studie wurden im Juli und August 2023 zwei repräsentative Konsumentenbefragungen unter insgesamt 1500 DeutschschweizerInnen durchgeführt. In der ersten, kürzeren Befragung wurde primär der Stellenwert des Einkaufens im Vergleich zu anderen Aktivitäten untersucht. In der zweiten, umfassenden Konsumentenbefragung wurden unter anderem die Faktoren für Zeitstress und Lebenszufriedenheit, Veränderungen in Spass und Bedeutsamkeit von Einkaufen, wöchentliche Einkaufszeit und Shoppingmotive abgefragt. Ergänzend wurden zahlreiche internationale Studien, wissenschaftliche Artikel und Datenbanken ausgewertet. Dies dient zum einen der Validierung der Ergebnisse. Zum anderen zeigt es, dass die identifizierten Trends über die Grenzen der Schweiz hinaus gültig sind. 

Die komplette Studie «Ausgebummelt – Wege des Handels aus der Spass- und Sinnkrise» steht ab 7. November kostenlos unter gdi.ch/retail-studie zum Download bereit.

Eine Umfrageidee mit Clustering «Welcher Shopping-Typ sind Sie?» stellen wir auf Wunsch gern zur Verfügung. 


Medienkontakt  

Franziska Wiesner
Head of Marketing and Communications
GDI Gottlieb Duttweiler Institute
Rüschlikon

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