Interview: Detlef Gürtler
Herr Bär, alle reden von Big Data. Sie auch?
Für die Finanzbranche insgesamt hat Big Data natürlich eine hohe Relevanz – aber nur in einigen Segmenten. Jeder Betrieb, der grössere Kundenmengen hat, muss sich mit Big Data auseinandersetzen. Effizienz in diesem Segment erfordert es heute geradezu, mit grossen Datenmengen zu arbeiten.
Die Bank Julius Bär sehen Sie aber offenbar in einem anderen Segment.
Im High-End-Bereich des Private Banking, in dem wir uns bewegen, dürfte die Bedeutung von Big Data eher limitiert sein. Wenn ich in eine kleine Kundenmenge wie die unsere mit den grossen Datenwerkzeugen hineingehe, laufe ich Gefahr, einen Papiertiger zu kreieren. Wenn Sie die Qualität der Daten, die wir von unseren Kundenberatern erhalten, mit denen vergleichen, die aus Kundenfragebögen hervorgehen – nein, machen Sie das besser nicht, das kann man gar nicht vergleichen. Die menschliche Interaktion und die daraus resultierende Information können sehr, sehr wertvoll sein.
Haben Ihre Berater eigentlich IT mit im Kundengespräch? Ein I-Pad, ein Notebook, ein Desktop-Gerät?
Ja, das haben sie. Aber ich finde das eigentlich schade. Denn immer, wenn ein solches Gerät mit im Spiel ist, schaut man sich nicht mehr in die Augen. Das Gespräch wird dann gekünstelt und unpersönlich. Im Kern unseres Geschäfts gehe ich davon aus, dass die Kommunikation im Wesentlichen analog bleibt. Brauchen wir bessere System-Supports? Bestimmt. Aber nur für bessere Grundlagenarbeiten – nicht, um das Gespräch mit dem Kunden zu ersetzen.
Sehen die Kunden das auch so?
Heute noch mehr als früher. Oft ist prophezeit worden, dass durch Online-Banking die Kunden verschwinden. Aber in unserem Segment zumindest stimmt das nicht. Unser Kundenmuster ist ja ein hoffentlich erfolgreicher Privatunternehmer, der von Sitzung zu Sitzung eilt und zwischendurch noch seiner Verantwortung für sein Portfolio gerecht werden will. Die wenigsten ersehnen sich dann, zwischen zwei beruflichen Terminen schon wieder am Computer zu sitzen und dort über ihr Portfolio zu diskutieren. Sie wollen mit kompetenten Leuten darüber sprechen, was geschehen ist und wie man darauf reagieren sollte – und dann das Thema delegieren. Sie wollen Zugang zu intelligenten Denkern.
Das heisst, Ihre Kunden streben bei Ihnen geradezu eine Offline-Insel an?
Eher eine Halbinsel. Natürlich erwarten sie, dass die Bank für die Verwaltung ihres Vermögens auf dem neuesten Stand der Technik ist. Aber unsere Kunden wollen weder einem Computer noch einem Internet gegenübersitzen.
Dies ist ein Auszug eines Artikels. Den ganzen Text finden Sie in der Printausgabe von GDI Impuls 1.2013. Hier gehts zum Archiv.
Die Kommunikation bleibt im Wesentlichen analog
Ist Big Data wichtig für Banken? Nur bedingt, meint Raymond J. Bär, Ehrenpräsident der Julius Bär. Privatbanken müssten vielmehr aus den analogen Informationen, die Kunden ihnen anvertrauen, Nutzen schlagen.
29 Mai, 2013
durch
GDI Gottlieb Duttweiler Institute